Manchmal begegnet uns ein Mensch nur einmal oder nur kurz in unserem Leben. Und doch kann eine solche Begegnung von tiefer Wirkung sein, insbesondere dann, wenn wir durch ihn Ermutigung erfahren.

Vor einigen Tagen schrieb ich einen Dankesbrief an eine Frau, der ich 1976 nur für eine halbe Stunde begegnet war – eine Begegnung, die für meinen Werdegang doch eine nachhaltige Wirkung hatte. Sie war Studienberaterin an der Universität, an der ich gerade mein Studium begonnen hatte. Ich konsultierte sie, bewegt von der Frage, welchen Studiengang und Abschluß ich ansteuern sollte. In mir war darüber wenig Klarheit, doch ich wußte soviel, daß es mein Herzenswunsch und tiefes Interesse war, »die Beziehung von Sprache und Bewußtsein zu erforschen und in diesem Bereich lehrend tätig zu werden«. So ungefähr teilte ich mich damals dieser Studienberaterin mit und mußte ihr gestehen, daß ich keine Vorstellung hatte, wie dieses Berufsbild aussehen könnte. Ich wußte nur, daß es nicht der Beruf als Deutschlehrer an einem Gymnasium sein könnte, den ich zunächst mit meinem Studiengang anpeilte. Nachdem sie mich über mein Interesse gehört hatte, sagte sie zu mir:

»Wenn es einen solchen Beruf noch nicht gibt~ dann schaffen sie ihn sich.« Dieser Satz klang immer wieder in meinem Ohr nach, gerade auch dann, wenn andere mir sagten, daß ich mit meinem nach der Beratung neu eingeschlagenen Studiengang und dem Abschluß als »Magister Artium« doch kaum Aussichten auf eine erfüllende und lohnende Tätigkeit habe. Und dieser Satz ermutigte mich, meinem innersten Interesse treu zu bleiben und meinen Weg zu gehen. Heute, 17 Jahre später, sehe ich voller Dankbarkeit, daß ich mir wirklich mein eigenes Berufsbild geschaffen habe, denn ich übe vier verschiedene Berufe gleichzeitig aus, mit denen ich unterschiedlichen Seiten meines Herzensinteresses nachgehe.

Mut tut gut

Mit das Wertvollste in unserem Leben ist der Mut, zu uns selbst zu stehen und den Weg zu gehen, der unserem Wesen und unserer Bestimmung entspricht. Auch wenn wir nur wenig von diesem Mut bereits mit auf die Welt gebracht oder bisher entwickelt haben, entscheidend ist, daß dieser Mut eine Eigenschaft ist, die wir weiter entwickeln und pflegen können. Wir selbst können für uns und für andere zu einer Quelle der Ermutigung werden. Wenn wir unseren Mut aktivieren, tun wir uns selbst etwas Gutes.

Mut ist mehr als Tapferkeit und Kühnheit. Mut hat mit unserer Gesinnung und mit unserer inneren Ausrichtung zu tun, mit dem, was wir glauben, wollen und anstreben. Mut erwächst unserem Selbst. Mut stärkt unsere Fähigkeit, unser Gemüt (Mut und Gemüt gehen auf die gleiche Wortwurzel zurück) und unser Tun so zu lenken, daß unsere Seele frei zum Ausdruck kommen kann. Nun, wie können wir uns selbst und andere ermutigen?

Die Quelle der Ermutigung

Unser Mut wächst, je mehr wir an uns selbst glauben und uns achten, je mehr wir aufbauende und lebensfördernde Gedanken und Gefühle über uns selbst pflegen. Bei den meisten von uns sind in unserem Gemüt eine oder mehrere der folgenden entmutigenden Grundgedanken und Grundgefühle vorhanden: »Ich bin nicht wert, nicht berechtigt, nicht fähig; ich bin schuld, und ich bin nicht geliebt.« Diese »Programme« wirken in unserem Unterbewußtsein wie Magneten, die entsprechende Situationen in unser Leben ziehen, in denen wir uns wieder so fühlen, und zwar so lange, bis wir wirkliche Verantwortung für unser Denken und Fühlen übernehmen. Doch dazu müssen wir uns immer wieder auf den Weg machen, um Bewußtsein über unsere grundlegenden Gedanken und Gefühle zu bekommen. Und dazu gehört auch, solche Einstellungen zu pflegen wie: »Ich bin wert(voll); ich bin berechtigt; ich bin fähig; ich bin rein und unschuldig; ich bin geliebt. So, wie ich bin, bin ich gut und in Ordnung.«

Wir können diese Gedanken immer wieder bejahen, und sie werden auch eine entsprechende Wirkung haben, denn Gedanken sind wirkende Kräfte. Doch um in unserem Inneren wirklich davon überzeugt zu sein, benötigen wir auch eine Erfahrung unseres Wesens, unseres wahren Selbst. Denn dieses hat von Natur aus die genannten Eigenschaften. In der Stille unser Selbst zu erfahren oder über unsere Eigenschaften zu kontemplieren ist eine Quelle der Ermutigung. Wenn wir in uns ruhen (und sei es nur für kurze Zeit), können wir die Erfahrung machen: »Ich bin gut so, wie ich bin. Einfach, indem ich

bin, bin ich in Ordnung, wertvoll und geliebt.« Wenn wir unser Wertgefühl aus dem inneren Sein schöpfen, müssen wir uns im Äußeren nicht abrackern und schuften, um uns durch Leistung oder durch Anerkennung wert zu fühlen. Wir machen uns dann nicht von äußerer Bestätigung abhängig, sondern diese bestätigt dann im Äußeren das, was wir im Inneren fühlen – und das ist doppelte Freude.

Schritte der Ermutigung

Mut benötigen wir besonders in schwierigen Situationen, im Angesicht von Problemen. Wir fördern unseren Mut bereits dadurch, wie wir über die vermeintlichen Probleme denken. Ich habe mir angewöhnt, Probleme und Schwierigkeiten als Herausforderungen zu betrachten und zu bezeichnen. Dadurch ‘erinnere ich mich daran, daß jeder Herausforderung eine Förderung innewohnt, daß jede Schwierigkeit eine Chance ist für mein Wachstum und

meine Entfaltung. Wir können diese ermutigende Einstellung pflegen, indem wir auf die positiven Seiten von schwierigen oder scheinbar negativen Situationen schauen, wenn wir diese förderlichen Aspekte bewußt suchen und zählen. Schauen wir zunächst auf das Ganze: »auf den Socken und nicht auf die Löcher«. Das stärkt unseren Mut und unser Vertrauen, und dies hilft uns, die »Löcher«, d. h. was noch fehlt, in lebensfördernder Weise anzugehen und zu beheben bzw. zu erfüllen.

Wie wir schwierige Situationen angehen, hängt auch von unserer Selbsteinschätzung gegenüber anderen und der Welt ab. Sehr entmutigend ist, wenn ich mich mit anderen (den vermeintlich besseren) vergleiche und mich dadurch selbst abwerte. Unser innerer Perfektionist findet dann immer einen anderen, »der besser ist«, oder ein Argument, »warum wir nicht gut genug sind«, um den nächsten wichtigen Schritt auf unserem Weg zu vermeiden.

Wenn ich die Entscheidung treffe, mich nicht mehr durch abwertende Gedanken aufhalten zu lassen, wenn ich nicht meine Aufmerksamkeit darauf richte, wie gut oder schlecht ich für andere bin, kann ich mich selbst ermutigen, zu sein und zu tun, was für mich stimmt. Es kommt nicht darauf an, wer der Beste ist, sondern daß ich mein Bestes tue und gebe. Dann ist das Tun bereits wertvoll und macht Freude.

 

Es ist unmöglich,
glücklich zu sein.
solange man trachtet,
ein anderer zu sein.

K.O. Schmidt

Selbstermutigung liegt auch darin, daß ich mich nicht von meiner Angst abhalten lasse, das zu tun, was ich möchte; sondern mir zugestehe, daß ich Angst haben darf und daß ich Fehler beim Tun machen darf. Wir würden am liebsten ohne Angst sein, und wir möchten uns auch gerne vollkommen fühlen. Diese Sehnsüchte treiben uns zu unserer Entfaltung an. Doch es ist entmutigend, wenn wir »Angstfreiheit« und» Vollkommenheit« zur Richtschnur unseres Verhaltens machen. Viel ermutigender ist es, uns so anzunehmen, wie wir gerade sind und uns fähig fühlen. Dann kann ich, statt auf das eine große Wunder zu warten, das alles verändern wird, die kleinen Schritte gehen, die mich schon jetzt voranbringen.

Die ermutigende Grundhaltung sich selbst gegenüber ist: »Ich bin in Ordnung, wie ich bin. Ich nehme mich selbst so an, mit meinen Stärken und Schwächen, mit meinen Möglichkeiten und Grenzen. Und ich übernehme Verantwortung dafür.«

Diese Einstellung hilft uns auch, in Frieden zu sein mit unserer Vergangenheit. Und Verantwortung für seine eigene Einstellung und sein Denken wie Fühlen zu übernehmen ist auch die förderlichste Voraussetzung dafür, um über die schöpferische Kraft unseres Denkens neue erwünschte Erfahrungen anzuziehen. Verantwortung ermöglicht uns, die Freiheit unseres Geistes zu erfahren und auszuschöpfen – und damit Antwort zu geben der ermutigenden Wahrheit, daß wir selbst Schöpfer unserer Lebensumstände und -erfahrung sind.

Wie ermutigen wir nun andere? Unabhängig von allen Methoden und Techniken zur Ermutigung und Motivation anderer können wir den einfachen Weg wählen: darauf achten, was das innere Bedürfnis und Interesse unseres Gegenübers ist, und ihn darin bestärken, daß er die Fähigkeit und Kraft hat, es zu verwirklichen. Allein dem anderen voller Aufmerksamkeit zuzuhören und mit ihm mitzufühlen ist eine wichtige Voraussetzung, daß er sich angenommen und bestärkt fühlt. Wenn wir ihn dann mit Worten ermutigen, können wir den Impulsen unseres Herzens folgen.

Durch Ermutigung bauen wir uns selbst und andere auf,
und so ist die Ermutigung die Grundlage für alle Erziehungs-, Wachstums- bzw. Lernprozesse und jede konstruktive Arbeit
mit Erwachsenen und Kindern.

Ermutigende Gedanken und Übungen Im folgenden habe ich einige ermutigende Gedanken und Übungen zusammengestellt. Ich schlage Dir vor: wähle Dir eine davon aus, die Dich anspricht, und praktiziere sie mehrmals. Gehe dann zu einer Übung weiter, die Du auch ausführen möchtest.

Bejahen

Mit ermutigenden Gedanken und Sätzen sagen wir JA zu uns selbst und unseren Möglichkeiten. Bejahungen sind daher eine sehr wirksame Form, um uns selbst in Gedanken und Worten zu ermutigen. Hier einige Beispiele für Bejahungen zur eigenen Ermutigung:

Ich bin gut so, wie ich bin.
Ich stehe zu mir, mit allen Stärken und Schwächen.
Ich bin liebenswert, einfach indem ich ich selbst bin.
Ich weiß, ich bin okay.
Ich bin gut zu mir.
Ich bin frei, ich selbst zu sein.
Ich liebe und akzeptiere mich ganz.
Ich entscheide mich jetzt, glücklich zu sein.
Ich bin in Ordnung, auch wenn ich einen Fehler gemacht habe.
Ich erkenne mich und andere an.

Magnetübung

Danken ist eine kraftvolle Form der Anerkennung und eine der stärksten Quellen der Ermutigung. Das dankbare Herz ist ein Magnet des Glücks.

Bei der Magnetübung schreiben wir auf ein Blatt oder in ein schönes Buch alles, wofür wir dankbar sind und wofür wir Dankbarkeit empfinden könnten. Liste alles auf, was Dir einfällt: Kleines und Großes, Äußeres und Inneres, Außergewöhnliches und Selbstverständliches, Vergangenes und Gegenwärtiges. Nimm Dir diese Liste immer wieder einmal vor und ergänze sie.

Diese Übung ist auch sehr hilfreich, wenn Du niedergedrückt oder in Gefühlen von Mangel bist.  Mache Dir dann in Gedanken oder noch besser durch Schreiben bewußt, was gerade gut ist und wofür Du danken kannst.

»Ich bin dankbar für … «

Umwandeln

»Wie gehe ich mit immer wiederkehrenden Gedanken und Gefühlen um, die mich hemmen oder entmutigen?« Diese Frage kann sich Dir stellen, insbesondere dann, wenn Du merkst, daß hinter Deinen Herausforderungen Gedanken und Gefühle sind wie:

»Ich bin nicht gut genug« oder »Ich bin nicht wert« oder »Ich darf nicht, bin nicht berechtigt« oder »Ich kann nicht, bin nicht fähig«.

Was uns hindert, können wir loslassen. Doch um etwas loslassen zu können, müssen wir es vorher »in der Hand haben«, d.h. angenommen haben. Die unangenehmen Gefühle und Gedanken wollen von uns wahrgenommen und angenommen, anstatt verdrängt und unterdrückt werden. Dies ist manchmal ein schmerzhafter Prozeß. Doch er gibt uns die Möglichkeit, das Hemmende loszulassen und an seine Stelle Förderliches zu setzen.

Wenn Du einen entmutigenden Gedanken bzw. ein Gefühl spürst, nimm Dir die Zeit, es wirklich wahrzunehmen und anzunehmen. Hierzu kannst Du auch mit Dir oder dem Kind in Dir sprechen und Deine Hände auf die Stelle am Körper legen, an der Du die unangenehme oder schmerzliche Empfindung spürst.

Wenn Du Dich in einem intensiven Kontakt mit dem Gefühl erfährst und es mehr angenommen hast, kannst Du Dich gut durch die Kraft der Vorstellung unterstützen, um ermutigende Gedanken in Dich hineinzunehmen. Laß in Deiner Vorstellung die »alten Gedanken« in die Erde hinabsinken. Stell Dir vor, wie sie aus Deinem Körper durch die Beine und Füße in das Erdreich hineinfließen und von der Mutter Erde aufgenommen werden. Sie gehen immer weiter in die Tiefe der Erde hinein, bis sie in ihr Innerstes gelangen. Dort verglühen sie in dem Feuerkern. Laß nun in Deiner Vorstellung von oberhalb Deines Kopfes Licht in Deinen Scheitel einströmen. Und laß Dir Zeit, daß dieses Licht von einer liebenden Sonne Dich immer mehr erfüllt. Mit diesem Licht kannst Du den Gedanken in Dich hineinnehmen und einatmen, der Dich ermutigt. Wenn Du vorher das hemmende Grundgefühl hattest: »Ich bin nicht wert«, dann nimm jetzt tief den Gedanken auf: »Ich bin wertvoll.« Atme ihn in jede Zelle Deines Körpers ein, so lange bis Du ihn fühlst.

Anerkennen

Du kannst täglich auf das schauen, was Du gut an Dir findest, was Du an Dir magst, was Du anerkennen möchtest. Auch die kleinen »Pflanzen« in unserem Gemüt, unsere noch wenig entfalteten Fähigkeiten und Eigenschaften, wachsen durch tägliches Anerkennen. Hier einige Beispiele, wie Du Dir und anderen in Gedanken, Worten und geschriebenen Sätzen Anerkennung geben kannst:

»Ich finde gut an mir, daß ich (ordentlich bin).«
»Ich mag an Dir, daß Du (lebensbejahend denkst).«
»Ich erkenne mich dafür an, daß ich (mit Freude durch den Tag gehe).«

Du kannst auch mit guten Freunden dieses Anerkennen üben, indem Du eine Aussage der Anerkennung über Dich machst und die andere Person Dir diese Aussage in der Du-Form bestätigt. Wenn Du Dich mit einer Dir nahestehenden Person gegenübersetzt, kannst Du ihr eine »Dusche Anerkennung« geben, indem Du ihr alles sagst, was Du an ihr magst und gut an ihr findest. Und sie kann es Dir sagen.

»Was mich fordert, fördert mich«

Diese Übung hilft Dir, Deine Probleme, Schwierigkeiten und Schwächen in lebensfördernder Weise anzugehen und das Beste aus ihnen zu machen.

Schreibe auf die linke Seite eines Blattes die Überschrift: »Was mich fordert«. Darunter kannst Du einzeln Deine Probleme, Schwierigkeiten und Schwächen auflisten und später ergänzen. Schreibe so, daß Du reichlich Zeilenabstand läßt zwischen den einzelnen Punkten. Auf die rechte Seite schreibe als Überschrift »fördert mich«. Hierunter schreibe zu jeder Herausforderung auf, was Du durch sie lernst, was Gutes und Hilfreiches an ihr ist. Mache Dir die positiven und förderlichen Seiten der »Schwierigkeiten« bewußt. Bei manchen Punkten mag uns spontan nichts Förderliches einfallen. Laß Dir Zeit und laß diese Frage in Dir wirken. Die unendliche Intelligenz in Dir wird Dir zur rechten Zeit die Antwort einfallen lassen. Jede Frage trägt in sich ihre Antwort.

Die Erfüllung Deiner Träume

Mut und Vertrauen schöpfen wir besonders aus dem, was in unserem Leben erfolgreich verlaufen ist, was wir nach unseren Wünschen und Vorstellungen verwirklichen konnten.

Mache Dir bewußt, welche Wünsche in Deinem Leben schon in Erfüllung gegangen sind, und schreibe dies in Stichworten auf. Hierdurch kannst Du Dich in eine größere Gewißheit und Annahmebereitschaft bringen, daß auch Deine Visionen und Träume für die Zukunft in Erfüllung gehen werden. Male Dir Deine Visionen gefühlsmäßig aus und schreibe sie so auf, als wären sie schon Gegenwart.