Eine meiner kleinen Lieblingsübungen heißt “aus der Quelle schöpfen”. Sie erinnert mich daran, daß die Kraft und die Gaben des Lebens bereits in mir und um mich herum gegenwärtig sind. Und sie hilft mir, mit einem dankbaren Gefühl und Bewußtsein sowie mit Schwung in den neuen Tag zu gehen. Ich mache sie gerne zu Beginn meiner Morgenübungen und auch während des Tages, um mich zu bewegen und zu sammeln. Sie ist sehr einfach und doch wirkungsvoll. Dabei dauert ein Durchgang nur einen langen Atemzug. Kraft oder etwas anderes Gutes schöpfen, dankbar annehmen und durch den Körper fließen lassen – das ist die Grundidee dieser Übung, die im Zusammenspiel von Bewegung, innerer Vorstellung und Atmung geschieht.
Ausgangsstellung ist ein aufrechter und lockerer Stand: die Füße hüftbreit auseinander, die Zehen zeigen nach vorn, Knie locker. Ich achte darauf, daß meine Arme locker an den Körperseiten hängen, die Muskeln entspannt sind und ein Lächeln auf meinen Lippen liegt. Meine Aufmerksamkeit lenke ich in die Hände. Mit dem Einatmen bringe ich meine Arme so nach oben, als würde ich aus einer fließenden Quelle vor mir Wasser schöpfen. Das heißt, die Handinnenflächen sind nach ‘oben gewandt und die Arme führe ich ausgestreckt in einem Bogen von unten nach vorn und nach oben, bis sie senkrecht sind. Diese Bewegung der Arme von unten nach oben geschieht fließend und dauert so lange wie das Einatmen. Dabei stelle ich mir vor, daß ich Kraft oder etwas anderes Gutes mit meinen Händen schöpfe und zugleich einatme.
Mit dem Ausatmen geschieht das Verteilen und Genießen des Aufgenommenen. Ich führe meine Hände von der senkrechten Haltung Richtung Himmel zum Kopf und zum Körper. In einer langsamen Bewegung lasse ich sie seitlich am Körper nach unten gleiten, die Handinnenflächen zur Erde gerichtet. Dabei stelle ich mir vor, daß die Kraft wie eine angenehme Dusche über den Kopf und den Körper fließt, außen wie innen. Dieses Fließen geschieht synchron mit der Bewegung der Hände von oben nach unten. Wenn die Hände wieder an ihrem Ausgangspunkt neben den Oberschenkeln angekommen sind, lasse ich den Energiestrom in der Vorstellung noch bis in die Füße und Zehen hineinfließen.
Diese Übung mache ich manchmal langsam und meditativ, wobei ich auf langes Ein- und Ausatmen achte. Manchmal mache ich sie dynamisch, d.h. ich gehe mit Schwung beim Schöpfen tief in die Knie und hole mit den Armen aus. Manchmal lasse ich auch einen Satz in meinem Denken mitfließen. Beim Einatmen z.B. “Ich schöpfe dankbar frische Energie aus der Quelle des Lebens.” Beim Ausatmen: “Die Energie fließt durch mein ganzes Sein.”
Günter Alfred Furtenbacher
Günter A. Furtenbacher war als Seminarleiter (viele Jahre gemeinsam mit Rosemarie Schneider-Bassett), Coach und Therapeut tätig. Heute lebt er in Ruhestand mit seiner Partnerin nahe der Wachau (Niederösterreich) und übt sich in der Kunst der Gelassenheit.